Harninkontinenz ist behandelbar
Zum internationalen Inkontinenztag haben wir mit unserer Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. Ute Mahnert, über das Tabuthema Harninkontinenz gesprochen.
Etwa 25 Prozent der Frauen in Deutschland leiden unter Harninkontinenz. Da das Thema immer noch schambesetzt ist, holen sich die Frauen leider häufig erst Hilfe, wenn die Krankheit schon weit fortgeschritten ist. Betroffene meiden häufig nicht nur den Arztbesuch, sondern schränken auch soziale Kontakte ein, weil sie sich schämen. Dabei ist der unkontrollierte Urinverlust behandelbar oder lässt sich zumindest deutlich verbessern.
Welche Formen von Harninkontinenz gibt es?
Dr. Mahnert: Die meisten Frauen (ca. 49 Prozent) sind von Belastungsinkontinenz betroffen, die wie der Name bereits sagt, durch alltägliche körperliche Belastungen wie Heben, Tragen aber auch Husten, Niesen oder Lachen ausgelöst wird. Etwa 29 Prozent haben eine sogenannte überaktive Blase (Dranginkontinenz), die sich bereits bei geringer Füllmenge zusammenzieht und zu plötzlichem starken Harndrang führt und bei etwa 22 Prozent tritt eine Mischinkontinenz (d.h. Belastungs- und Dranginkontinenz gemeinsam) auf.
Welche Ursachen gibt es?
Dr. Mahnert: Zum einen kann die Beckenbodenmuskulatur durch Schwangerschaft, Geburt oder durch die hormonelle Veränderung während der Wechseljahre geschwächt sein. Zum anderen können aber auch Krankheiten wie Asthma bronchiale oder MS ursächlich für eine Harninkontinenz sein.
Und wie lässt sich Harninkontinenz behandeln?
Dr. Mahnert: Dass kommt auf die Art der Harninkontinenz an, wobei man sagen kann, dass fast immer eine Verbesserung der Lebensqualität durch die Inkontinenzbehandlung erreicht wird. Zunächst setzen wir meist eine medikamentöse Therapie ein. Unterstützend wirkt die Physiotherapie und die Elektrostimulation. Führt die konservative Therapie nicht zum Ziel, wird die Ursache operativ behoben. Die Belastungsinkontinenz behandeln wir zum Beispiel erfolgreich mit der Schlingen-Operation, der Kolposuspension nach Burch (ältesten Operationsmethode, bei der der Blasenhals angehoben und fixiert wird) oder der paraurethralen Injektionstherapie, bei der die Harnröhre durch ein Hydrogel (Bulkamid) stabilisiert wird. Die Therapie der überaktiven Blase erfolgt u.a. durch Botox-Injektion in die Harnblase.
Was können Betroffene selbst tun?
Dr. Mahnert: Harninkontinenz verursacht einen hohen Leidensdruck. Aber man kann es nicht oft genug sagen: Eine Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität ist möglich. Betroffene sollten sich trauen, medizinische Hilfe bei einem Urogynäkologen zu suchen, der durch eine spezialisierte Diagnostik (u.a. Urodynamik), die Therapie einleiten kann. Ganz wichtig sind natürlich auch eine gesunde Lebensführung, Sport und regelmäßiges Beckenbodentraining.